Verärgerung ist ein wechselseitiger Vorgang: Die Gewohnheiten desorganisierter Menschen verärgern wohlorganisierte Leute und vice versa. Tatsache ist, dass wohlorganisierte und desorganisierte Menschen entgegengesetzte Wertvorstellungen haben. Desorganisierte Menschen verärgern wohlorganisierte Menschen, wenn sie ein Durcheinander hinterlassen; und wohlorganisierte Menschen verärgern desorganisierte Menschen, wenn sie ihre Aufmerksamkeit auf Trivialitäten richten. Ärger kommt in diesen Beispielen aufgrund eines Wertekonflikts auf (Ordnung im Gegensatz zu Spontaneität), nicht aufgrund von Analerotik, Reaktionsbildung, Psychopathologie und dergleichen. Ärger ist erst dann vorhanden, wenn sich eine Person so verhalten hat, dass dies nicht im Einklang mit den Wertvorstellungen des anderen stand.
Angst vor Kritik ist keine Motivation für Ordnungsliebe
Manche Therapeuten vermuten möglicherweise, dass ordentliche Menschen Konformisten sind, um Kritik, Ablehnung und Bestrafung durch Autoritätspersonen zu vermeiden (Millon & Davis, 2000, S. 175). Wenn diese Analyse jedoch stimmte, würden sich wohlorganisierte Menschen widersinnigerweise anstrengen. Menschen, die Furcht vor Misserfolg und Kritik haben, halten sich mit Anstrengungen zurück, weil Misserfolg und Kritik eher zu verschmerzen sind, wenn wir gar nicht erst den Versuch machen, uns anzustrengen. Weil sich wohlorganisierte Menschen mit ihren Anstrengungen nicht zurückhalten, habe ich die Vermutung, dass sie nicht mehr Angst davor haben, kritisiert zu werden, als der Durchschnittsmensch. Die Motivationsanalyse lässt auf Folgendes schließen: Ein Bedürfnis nach Ordnung, Stabilität und Struktur, nicht die Angst vor Kritik ist die Motivation für ordentliches Verhalten. (…)
Quellenangabe: Reiss, Steven (2010): Das Reiss Profile: Die 16 Lebensmotive. Welche Werte und Bedürfnisse unserem Verhalten zugrunde liegen. 2. Auflage, GABAL Verlag | Textstelle: ~9% im eBook, Pos. 552
Link zur Quelle: https://www.amazon.de/exec/obi...
Kommentar zum Zitat:
Steven Reiss geht in seinem Buch "Das Reiss Profile - die 16 Lebensmotive" ja ziemlich hart mit gängigen Konzepten und Theorien der Psychodynamik, Psychotherapie und Psychiatrie um. Er streitet vieles ab, was große Teile der Psychologen als "gesetzt" erachten, nämlich dass Verhalten bzw. Verhaltensstörungen in vielen Fällen zurückzuführen sind/seien auf Ängste und frühkindliche Traumata sowie aus beidem resultierendes Vermeidungsverhalten. Er setzt der "Psychopathologie" die Perspektive der "Motivationsanalytiker" entgegen. Insofern ist sein Ansatz eher, bei Konflikten auf die Motive und Bedürfnisse zu schauen, die zu einem bestimmten Verhalten führen. Eine wichtige Beobachtung daraus (bzw. generell) ist, dass wann immer wir uns ärgern, geht es um verletzte Werte. Oft: Ein Verhalten meines Mitmenschen widerspricht meinen Wertvorstellungen über "gut" und "richtig" - zum Beispiel. Oder über "fair", "korrekt" und/oder "sozial angemessen". Dieses Denken in Werten und Wertvorstellungen (des anderen), ist sehr hilfreich, wenn man zu einer besseren Streit- und Konfliktkultur kommen und konstruktiv Streiten lernen und seine Konflikt-Fähigkeiten verbessern will. Siehe auch: Ursachen für Konflikte, Soziale Fähigkeiten, Soft Skills Seminare.Interessiert am Thema Soft Skills? - Leseempfehlung auf dieser Website:
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