Rhetorische Fragen als Stilmittel verstehen und nutzen
Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Na, habe ich dir das nicht gleich gesagt? Sehe ich so aus, als sei ich deine Putzfrau? Hierbei handelt es sich um typische Beispiele für eine rhetorische Frage – als eine Form der Kategorie rhetorische Mittel. Wir alle nutzen im Alltag rhetorische Fragen, ohne dass uns dies vielleicht bewusst ist. Das übergeordnete Ziel dabei ist meist, eine Aussage besonders zu betonen oder dem anderen unserer Sichtweise auf einen bestimmten Sachverhalt mit Nachdruck deutlich zu machen. Doch mit solchen rhetorischen Mitteln kann man noch viel mehr bewirken. Gerade in der Berufswelt haben sie wichtige Funktionen. Wer sich ihrer geschickt bedient und ihre Wirkung kennt, kann Mitmenschen oft gezielt beeinflussen und dadurch mehr erreichen (siehe auch Argumentieren, Überzeugen, Durchsetzen).
Definition: Rhetorische Frage als rhetorisches Mittel
Ganz allgemein bezeichnet die Rhetorik die Redekunst, also die Kunst beziehungsweise das gezielt eingesetzte Können, Sprache und rhetorische Mittel bewusst und wirkungsvoll einzusetzen, um bestimmte Ziele zu erreichen.
Rhetorische Fragen spielen sowohl im Alltag eine Rolle, zum Beispiel beim Smalltalk, werden aber auch in der Berufswelt gezielt eingesetzt, um Menschen zu beeinflussen, ihre Reaktion zu prüfen oder mehr über sie zu erfahren.
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Verschiedene Arten
Sprachforscher unterscheiden im Bereich der rhetorischen Fragen grundsätzlich drei unterschiedliche Arten der Anwendung.
Häufig genutzt wird die rhetorische Frage, die keine Antwort erwartet, in der freien Rede. Darunter kann man beispielsweise einen Vortrag verstehen oder auch eine Präsentation mit dem Ziel der Kundengewinnung (vgl. Neukunden gewinnen) oder auch im Bereich des Selbstmarketings. Als Beispiel aus dem psychologisch-philosopischen Bereich wäre die Frage „Geht es im Leben letztendlich nicht immer um die Liebe?“ zu nennen. Ein anderes Anwendungsbeispiel aus dem aktuellen politischen Diskurs wäre die Frage „Wollen wir dabei zusehen, wie Menschen auf der Flucht im Meer ertrinken?“. Auf solche Fragen erwartet weder der Fragesteller selbst noch der Zuhörer eine Antwort – die Antwort wird wie selbstverständlich implizit vorweggenommen und kann nur lauten: „Natürlich ja!“ oder „Natürlich nein/nicht!“
Eine solche Frage bedarf auch meist keiner weiteren Erläuterungen, die Antwort ergibt sich für den Zuhörer sofort und kann damit, geschickt eingesetzt, auch eine besondere Wirkung entfalten. Diese kann zum Beispiel darin bestehen, dass man über den Kontext der Frage besonders nachdenkt oder sich selbst betroffen fühlt, also Empathie geweckt wird (vgl. auch die Bedeutung des Begriffs empathisch).
Geschickte Redner lassen nach ihrer rhetorischen Frage eine kurze Pause – die sogenannte rhetorische Pause. Diese Pause geht zum Nachdenken an und lässt die Frage besonders tief ins Innere des Bewusstseins vordringen.
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Die Frage ohne erwartete Antwort
Eine andere Art der rhetorischen Frage ist die Frage ohne erwartete Antwort, wie sie sich im Dialog mit Mitmenschen ergibt. Hierbei handelt es sich also weniger um ein rhetorisches Mittel der freien Rede, sondern vielmehr um ein eher unbewusst genutztes Element in der alltäglichen Kommunikation. Oft ist die Wortwahl dabei auch eher flapsig, beispielsweise: „Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?“, „Das ist jetzt nicht wirklich wahr, oder?“ – Meist geht es hierbei nicht um die großen philosophischen Fragen, bezüglich derer man Menschen zum Nachdenken anregen möchte. Vielmehr wird in der Alltagskommunikation ein erwartetes Ja oder Nein vorweggenommen, um einen Sachverhalt nicht ganz explizit und damit vielleicht negativ formulieren zu müssen. So könnte man natürlich auch fragen „Magst du mir erzählen, warum du so sauer aussieht?“ oder „Ich kann einfach nicht glauben, dass du das wirklich ernst meinst. Bitte erkläre mir das nochmal ganz genau.“ Durch die kurze rhetorische Frage wird dem Gegenüber deutlich, dass der andere sich die Antwort bereits denkt oder für ganz klar hält und es keiner weiteren Ausführung bedarf. Dies dient im Alltag entsprechend auch dazu, Konflikte zu umschiffen und Kritik oder negativen Sachverhalten die Schärfe zu nehmen, die ganz deutliche und explizit so gemeinte Formulierungen vielleicht mit sich bringen würden.
Von diesen beiden Arten der rhetorischen Frage ist zu unterscheiden die ganz klassische Form, in der Sprachwissenschaft auch Hypophora genannt. Hierbei handelt es sich in der Definition um eine Fragetechnik (siehe Fragetechniken), die Redner oder auch Lehrer gerne verwenden, um die jeweilige Frage dann sofort selbst zu beantworten. Die Frage ist also insofern rhetorisch, als eine überlegte Antwort oder ein bewusstes Nachdenken der Gesprächspartner, der Zuhörer eigentlich gar nicht die Erwartungshaltung trifft. Vielmehr wird zum Schein eine Frage aufgeworfen, die man dann aber direkt mit eigenen Informationen und dem eigenen Fachwissen beantwortet. So fragt beispielsweise der Redner einer physikalischen Präsentation kurz in den Raum, zum Schein an die Zuhörer gerichtet: „Was sehen wir also hier?“ – Nun wartet er aber bei der Hypophora nicht wirklich ab, ob jemand die Antwort weiß oder dass jemand beginnt, darüber nachzudenken. Vielmehr spricht er sofort weiter: „Wir sehen also, dass…“. Diese Fragetechnik dient also weniger einem Impuls zum Nachdenken, sondern kündigt mehr an, was jetzt kommt oder zu welchem Thema übergeleitet wird.
Fragetechniken im Berufsalltag gezielt nutzen
Wer rhetorische Fragen als Stilmittel und Kunst versteht, die eigene Botschaft wirkungsvoll zu präsentieren, kann diese im beruflichen Alltag oder besonders bei der Bewerbung um einen neuen Job wirkungsvoll einsetzen. Zu zahlreichen Bewerbungsprozessen gehört heute beispielsweise die Erarbeitung und Präsentation eines Kurzvortrags. Aufgrund der knappen Bearbeitungszeit steht hierbei oft seitens der Personalmanager nicht das tatsächliche Faktenwissen im Vordergrund. Vielmehr geht es darum zu sehen, wie der Bewerber Informationen und damit verbundene Botschaften und Appelle rüberbringen kann. Dies ist besonders dann wichtig, wenn Kundenakquise ein wichtiger Bestandteil des neuen Jobs ist. Mit dem gezielten Einsatz rhetorischer Fragen können Bewerber sich hier von anderen absetzen, denn bei weitem nicht jedem Kandidaten ist der Einsatz rhetorischer Fragetechniken geläufig! Wer sich hier verbessern möchte, kann auch spezielle Seminare und Coachings buchen. Das muss nicht unbedingt gleich ein teures Führungskräfte-Coaching sein; auch Volkshochschulen bieten entsprechende Kurse! Siehe auch: Präsentationstrainings.
Probleme beim Einsatz rhetorischer Stilmittel
Die Definition der Rhetorik als Fragekunst birgt schon den Aspekt, dass sie häufig auch vom Gesprächspartner viel erwarten. So muss, abgesehen von belanglosen Alltagssituationen, in denen rhetorische Fragen vorkommen, zum einen sichergestellt sein, dass die Zuhörer die rhetorische Frage auch als solche erkennen. Ihre Wirkung kann sie nur dann entfalten. Weiterhin ist zu beachten, dass die Wirkung rhetorischer Fragen keinesfalls überstrapaziert werden sollte. Kommunikation wirkt besonders dann, wenn sie als authentisch wahrgenommen wird. Der Versuch, um jeden Preis zahlreiche rhetorische Fragen in einem Vortrag oder einer interaktiven Präsentation unterzubringen, kann aber schnell künstlich, zu sehr gewollt oder gar völlig übertrieben bis lächerlich wirken. Adressaten und Inhalt müssen also unbedingt passen, ansonsten bleibt das Stilmittel wirkungslos oder hat gar negative Effekte.
Vor allem bei der Hypophora – so gerne von Rednern und Lehrkräften auch genutzt – ist darauf zu achten, dass ihr Einsatz sich nicht abnutzt. Wer Frage nach Frage stellt, um sie sofort selbst zu beantworten, erweckt mitunter den Eindruck, dass er eigentlich gar nicht auf Reaktionen und Interesse der Zuhörer achtet, sondern mehr mit sich selbst spricht. Auch hier sollte die Häufigkeit des Einsatzes und auch die Reaktion des Publikums beachtet werden. Ein guter Redner kann Stilmittel auch situativ ungeplant einsetzen oder von seinem Plan abweichen – auch diese Fähigkeit lässt sich gezielt durch Seminare trainieren.
Videos zum Thema :
Schlagworte: Fragetechniken, Präsentationskompetenz, Rhetorik, Überzeugungsvermögen, Vorträge halten
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