Dass manche Menschen durch die Risiken der Corona-Pandemie Angst haben, zur Arbeit zu gehen, ist nur zu verständlich. Immerhin sind Großraumbüros und Aufenthaltsräume für das Personal mit erhöhter Ansteckungsgefahr gleichzusetzen. Auch Kundenkontakte sind potenziell gefährlicher geworden. Einen ganzen Arbeitstag lang eine FFP2-Maske tragen zu müssen, ist die wenig attraktive Alternative. Dass viele Menschen unter solchen Bedingungen Angst haben, zur Arbeit zu gehen, ist verständlich.
Doch viele Menschen haben auch ohne erkennbaren Grund, Angst zur Arbeit zu gehen. Oftmals verbergen sich dahinter Stress oder Depressionen. Manchmal ist auch Mobbing im Kollegenkreis die Ursache. Oftmals wird die Angst, zur Arbeit zugehen, übermächtig. Sie wird mit Alkohol, Tabletten, Krankschreibunge oder sogar Kündigungen gelöst. Besser wäre es gewesen, eine Psychotherapie zu beantragen.
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Wen betreffen solche Ängste?
Angst zur Arbeit zu gehen, ist kein rein weibliches Phänomen. Auch wenn Frauen als die sensibleren und ängstlicheren Naturen gelten, kann es einen Mann genauso treffen. Der Grund kann eine Depression sein. Auch andere Ursachen sind denkbar – doch die meisten liegen im Bereich der psychischen Erkrankungen. Angsterkrankungen, Phobien und andere Persönlichkeitsstörungen können ebenso ursächlich sein, wie Stress, Mobbing und Überforderung. Auch die drei letztgenannten können sich bei längerer Dauer als Depression manifestieren.
Möglicherweise beginnt alles auf dem Weg zur Arbeit: mit einer Panikattacke im Bus. In anderen Fällen zermürben ständiges Kritisieren oder immenser Druck seitens eines Vorgesetzten die Betroffenen. Anfangs versuchen solche Menschen noch, den Anforderungen zu genügen. Sie arbeiten mehr und länger. Manche halsen sich zusätzliche Aufgaben auf, die sie überfordern. Irgendwann kommt die Angst. Mit ihr entstehen auch körperliche Symptome. Die Ängste somatisieren. Hinter körperlichen Symptomen können sich Depressionen lange Zeit verstecken.
Viele Betroffene fürchten, sie seien körperlich krank. Depressionen kommen zwar oft als Ursache körperlicher Symptome infrage – aber eben nicht als alleinige. Auch die Arbeit selbst ist nicht immer Ursache des desolaten Zustandes. Vielmehr ist es oft die Psyche, die mit hohen Anforderungen, Ängsten, kollegialen Kommentaren und der Sorge, zu versagen, nicht mehr zurechtkommt. Wie jemand treffend formulierte: Die Seele sitzt stets mit am Büroschreibtisch. Ist sie empfindlich oder gar krank, nimmt sie alles schwer.
Exkurs: Arbeiten jenseits des Funktionierens
Die Angst, zur Arbeit zu gehen, kann sich mit der Zeit zu einem Riesenproblem auswachsen. Gleich zu Beginn der Probleme aktiv zu werden, hätte vieles leichter gemacht. Doch viele Mitarbeiter versuchen, trotz ihrer Probleme zu funktionieren. Sie möchten die Erwartungen anderer zu erfüllen. Gerade im familiären Umfeld oder am Arbeitsplatz kann das zu Konflikten führen. Vom Funktionieren am Arbeitsplatz hängt vieles ab – beispielsweise
- das soziale Ansehen
- das wirtschaftliche Überleben
- der gesellschaftliche Beitrag zum Ganzen
- das Erarbeiten von Karrierechancen
- die effektive Zusammenarbeit mit Kollegen
und Ähnliches. Depressionen entstehen oft aus enttäuschten oder überzogenen Erwartungen. Diese betreffen das Verhalten der anderen, insbesondere der Vorgesetzten. Auch Themen wie Gerechtigkeit, Fairness, Bevorzugung werden im Arbeitsalltag unweigerlich angeschnitten.
Oft entscheidet der Umgang mit solchen Problemen, ob jemand resilient genug ist. Ist er es, kann er mit Stress fertig werden. Sind Mitarbeiter nicht resilient genug, kann es sein, dass sie stattdessen depressiv werden. Im Beruf sind Durchsetzungsfähigkeit, Wehrhaftigkeit und Zielstrebigkeit erforderliche Eigenschaften. Zweifel, Ängste, mangelndes Selbstwertgefühl (s.a.: kein Selbstwertgefühl – Ursachen) und unverarbeitete Enttäuschungen wirken hinderlich. Sie blockieren die eigene Entwicklung. Zudem fallen solche Gefühle Kollegen und Vorgesetzten früher oder später auf. Sie beeinflussen das Verhalten.
Viele Mitarbeiter gehen mit Magenschmerzen zur Arbeit
Die Angst, zur Arbeit zu gehen, betrifft mehr Menschen als allgemein bekannt ist. Die Dunkelziffer dürfte groß sein. Manche souverän wirkende Mitarbeiterin geht jahrelang mit Magenschmerzen zur Arbeit. Viele Mitarbeiter mögen ihren Job. Genauso viele sagen jedoch, dass sie die Bedingungen, unter denen sie ihn ausüben müssen, gerne ändern würden. Narzisstische Chefs, karrierebeflissene Konkurrenten und zickige Kolleginnen sind nicht leicht zu verdauen. Jeder Mitarbeiter muss sinnvolle Strategien entwickeln, um mit schwierigen Menschen zurecht zu kommen.
Kolleg(inn)en und Vorgesetzte kann sich kein Mitarbeiter aussuchen. Wie jemand auf solche Menschen reagiert, aber schon. Manche lassen Problemtypen einfach ins Leere laufen. Andere arrangieren sich mit ihnen oder lassen sich in eine andere Abteilung versetzen. Wieder andere suchen die Auseinandersetzung. Wer von diesen Menschen am Ende depressiv wird, ist schwer zu sagen. Potenziell kann es jeden treffen. Immerhin bemühen sich immer mehr Arbeitgeber um eine bessere Arbeitsatmosphäre und individueller gestaltbare Arbeitsbedingungen.
Fakt ist, dass psychische Erkrankungen im Arbeitsumfeld stetig zunehmen. Wer wegen seiner Arbeit Ängste und Depressionen hat, sollte sich zeitnah behandeln lassen. Trotz der psychischen Probleme zu funktionieren, macht alles noch schlimmer. Wochenlange Krankschreibungen drohen. Schlimmstenfalls werden depressive Kollegen lange vor der Zeit in die Frührente verabschiedet.
Die Diagnose: Burn-out oder Depression?
Möglicherweise wird bei einem Menschen, der aus lauter Angst vor dem Arbeiten krankgeschrieben ist, irgendwann ein Burn-out diagnostiziert. Auch dahinter kann in Wahrheit eine Depression stecken. Diese geht aber womöglich mit Symptomen einher, die nicht ins klassische Bild einer Depression passen. In vielen Fällen werden Depressionen und Burn-out inhaltlich gleichgesetzt.
Die Ärzteschaft ist sich uneins, ob ein Burn-out eigentlich eine als Erschöpfungssyndrom getarnte Depression beschreibt oder ein eigenes Krankheitsbild darstellt. Im Allgemeinen herrscht die Meinung vor, der Burn-out sei eine Ergänzung der Depressions-Problematik – also ein zusätzlich aufgetretenes Problem. IM ICD-10 wird der Burn-out daher (noch) nicht als eigenständiges Erkrankungsbild gelistet.
Beispiele für unpassende Symptome oder Symptomvermischungen können Erschöpfung durch Überarbeitung, depressive Verstimmungen durch Nährstoffmängel, Panikattacken, Alkoholabhängigkeit oder andere Süchte sein. Diese führen manchmal zu einem vermischten Erkrankungsbild. Es ist in solchen Fällen schwer, alle Symptome auf die Diagnose „Depressionen“ zu reduzieren. Doch oft macht es Sinn, bei der Depression und ihren Ursachen zu beginnen. Viele Probleme lösen sich damit schon auf.
Letzten Endes sollte sich im Laufe der Behandlung auch die Angst, zur Arbeit zu gehen, auflösen. Ziel jeder therapeutischen Intervention ist es, den Betroffenen wieder ins Arbeitsleben einzugliedern. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass Menschen mit Angst, zur Arbeit zu gehen, solche Probleme alleine bewältigen können.
Die Behandlung von Depressionen oder Burn-out
Eine leichte bis mittelschwere Depression kann mittels Krankschreibung und Psychotherapie erfolgreich behandelt werden. Sie kann anfangs begleitend mit angstlösenden pflanzlichen Medikamenten oder wirksameren Antidepressiva begleitet werden. Ziel ist es, die Angst vor der Arbeit zu bewältigen. Der Kranke sollte anschließend wieder voll arbeitsfähig sein. Ob die Arbeit in derselben Firma stattfindet, muss der Betroffene selbst entscheiden.
Manchmal ist ein Neuanfang an anderer Stelle sinnvoller. Das ist insbesondere bei sexueller Belästigung oder Mobbing durch Kollegen oder Vorgesetzte der Fall. Mit der Behandlung haben sich die Strukturen am Arbeitsplatz nicht verändert. Zeigt man solche Vorfälle an, hat das oft nicht die erwünschte Wirkung. Die Auslöser der Depressionen sollten jedoch aus dem Leben des Betroffenen entfernt werden. Seine psychischen Probleme nimmt jeder zwar mit. Betroffene lernen aber in der Therapie, zunehmend besser damit umzugehen.
Bei schweren Depressionen oder einem Burn-Out ist ein Klinikaufenthalt sinnvoll. Die Therapie ist in diesen Fällen komplexer. Eine Therapie aus verschiedenen Bausteinen ist möglicherweise notwendig. Man spricht dann unter Fachleuten von multimodalen Therapieansätzen. Die zu bearbeitenden Themenbereiche können oft nicht sauber voneinander getrennt werden. Vieles fließt ineinander. Zudem sind oft Anzeichen einer schweren Erschöpfung Teil des Problems. Die Erschöpfung resultiert oft aus der Unfähigkeit der Betroffenen, gesunde Grenzen zu setzen.
Quellen und weiterführende Ressourcen:
- angst-verstehen.de/angst-vor-der-arbeit-arbeitsplatzphobie-angst-im-job/
- abendblatt.de/ratgeber/wissen/article108118324/Depression-Ich-hatte-Angst-zur-Arbeit-zu-gehen.html
- praxistipps.focus.de/angst-zur-arbeit-zu-gehen-was-sie-dagegen-tun-koennen_124650
- youtube.com/watch?v=euRk8I27MP8
- deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/depression-in-verschiedenen-facetten/depression-und-arbeit
- emotion.de/leben-arbeit/depressionen-im-job
- karrierebibel.de/erwartungen/
- salesjob.de/blog/saleslife/erwartungen-an-den-arbeitsplatz/
- de.wikipedia.org/wiki/Resilienz_%28Psychologie%29
- planet-wissen.de/gesellschaft/psychologie/resilienz/index.html
- https://karrierebibel.de/resilienz/
- utopia.de/ratgeber/resilienz-so-trainierst-du-deine-seelische-widerstandsfaehigkeit/
- gesundheit.de/krankheiten/psyche-und-sucht/depressionen/psychische-erkrankungen-nehmen-zu
- anwalt.de/rechtstipps/depression-am-arbeitsplatz-was-man-riskiert-wenn-man-den-arbeitgeber-einweiht_158077.html
- gesundheit.gv.at/leben/lebenswelt/beruf/arbeitsplatzgestaltung/konflikte-am-arbeitsplatz
- paradisi.de/arbeitsverhaeltnis/mobbing/gruende/
- praxistipps.focus.de/burnout-vs-depression-unterschiede-im-detail_100253
- hilfe-bei-burnout.de/depressionen/
- youtube.com/watch?v=vbYvkvxEt5Q
- nie-mehr-depressiv.de/wissen/burnout-und-depression/
- heilpraktiker.de/psychologie/unterschiede-zwischen-depression-und-burnout
- de.wikipedia.org/wiki/Multimodale_Therapie
- physio-petrich.de/leistungsprofil/fachberatung-multimodale-stressbewaeltigung-und-burnout-praevention/
- rehazentrum-bb.de/information/krankheiten/burnout/therapie/
- psychosomatik-diessen.de/behandlung/krankheitsbilder/depression-und-burnout/
- flexikon.doccheck.com/de/Burnout-Syndrom
- therapie.de/psyche/info/index/diagnose/burnout/therapie/
- faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/tipps-gegen-burnout-wie-sie-sich-grenzen-setzen-13462774.html