Rhetorik: Nützliche Formulierungen und Satzbausteine
Überzeugende Rhetorik für die Praxis
Wer gut geschulten Politikern in Interviews genau zuhört, wird so manche hilfreiche Formulierung entdecken, die auch im eigenen Job für verschiedene Situationen gut zu gebrauchen ist. Denn die typischen Situationen, in denen gute Rhetorik gefragt ist, sind häufig ähnlich: Sie werden angegriffen oder beschuldigt, Sie müssen auf eine Aussage reagieren, der Sie so nicht zustimmen oder die für Sie im jeweiligen Moment ungünstig ist und/oder Sie möchten das Gespräch auf ein etwas anderes Thema leiten, ablenken bzw. eine ganz bestimmte Kernaussage immer wieder platzieren.
Für solche Situationen sind eine Reihe von Einleitungsfloskeln bzw. Satzbausteinen hilfreich, die dafür geeignet sind, eine neue Aussage zu platzieren, ohne direkt auf die vorherige Aussage (Beschuldigung, Vorwurf, Meinung) einzugehen.
Beispiele
- Richtig ist doch: …
- Entscheidend ist, dass …
- Wahr ist: …
- Ich plädiere dafür: …
- Und deshalb sage ich: …
- Gerade deshalb sage ich: …
- Ich glaube: …
- Sehen Sie es einmal so: …
- Haben Sie sich schon einmal überlegt: …
- Ich bleibe dabei: …
- Das Ziel ist doch: …
- Wir sollten uns auf den wesentlichen Punkt konzentrieren: …
- Bleiben wir beim Kern der Sache: …
Wirkung im Einzelnen
Solche Formulierungen erreichen – wenn sie geschickt eingesetzt und vorgebracht werden, ziemlich viel an rhetorischer Wirkung:
- Sie kündigen eine (scheinbar) wichtige, direkt folgende Aussage an und erhöhen damit potentiell das Interesse und Aufmerksamkeit der beteiligten Diskussionspartner und ggf. Zuhörer im Publikum. Wenn Sie einen Phrase wie „Wichtig ist doch:“, „der Kern der Sache ist doch:“ oder „Wahr ist doch:“ platzieren, fragt sich jeder halbwegs aufmerksam zuhörende Beteiligte, was denn nun entscheidend, wichtig, wahr ist.
- Sie suggerieren mit einer Einleitung wie „WAHR ist doch: …“, dass das zuvor Gesagte nicht oder nur bedingt wahr ist. Analog funktioniert das, wenn Sie Ihre Aussage mit dem Attribut „ENTSCHEIDEND ist doch: …“ oder „WICHTIG ist doch: …“ ankündigen. Auch dann erhält der Zuhörer den Eindruck, dass das zuvor Gesagte gegenüber dem nun Folgenden nur bedingt bedeutsam ist. Auch das führt dazu, dass die Aufmerksamkeit nun voll dem nun Folgendem gewidmet wird. Im Idealfall kann ein Teilnehmer in einer Diskussionsrunde somit rhetorisch geschickt erstens die Aussage(n) seines Gegners abwerten bzw. relativieren, ohne diesen oder seine Aussagen direkt bzw. inhaltlich angreifen zu müssen. Zweitens lenkt der geschickte Rhetoriker wieder die Aufmerksamkeit auf seine Kernaussage bzw. auf das, was er zum Thema machen will.
- Eine Einleitungsformulierung wie „Haben Sie sich schon einmal überlegt, …“ lenkt den Zuhörer oder Diskussionpartner sofort weg von dem zuvor Gesagten hin zu dem, was Sie zum Thema machen wollen. Mit dieser Formulierung können Sie ein Bild in die Köpfe der Zuhörer pflanzen und damit Argumente, Bilder und Standpunkte des Vorredners überschreiben. Dabei müssen Sie nicht einmal auf das zuvor Gesagte genauer eingehen, sondern können direkt „ablenken“ bzw. das Thema in die von Ihnen gewünschte Richtung lenken. – Natürlich wird ein halbwegs versierter Diskussionsgegner das nicht immer mit sich machen lassen und bei der nächsten Gelegenheit auf seinen Standpunkt zurück kommen, bis dieser ausreichend gewürdigt wurde. Doch für den Moment haben Sie die Aufmerksamkeit in die von Ihnen gewünschte Richtung gelenkt – und in vielen Presse- und TV-Interviews oder entsprechenden Diskussionsrunden gleitet das Thema nun weiter in die neue Richtung; und die Gelegenheit für den alten Standpunkt ergibt sich nicht mehr…
- Wenn Sie Ihre Aussagen mit Formulierungen wie „Ich plädiere dafür …“, „Ich glaube …“ oder „Ich bleibe dabei: …“ einleiten, erzielen Sie mehrere nützliche Effekte. Erstens senden Sie eine Ich-Botschaft – und ich Ich-Botschaften sind als Aussage schwerer anzugreifen -, denn niemand kann faktisch bestreiten, dass SIE etwas X oder Y finden. Darin liegt die Kraft von Aussagen wie „Ich finde das zu teuer“ gegenüber von Aussagen „Das IST zu teuer“. Zweitens wirken Konter wie „Ich bleibe dabei: …“ im Sinne der Technik „Sprung in der Platte“. Sie streiten und argumentieren gar nicht gegen die Aussage Ihres Gegenübers, sondern wiederholen immer wieder Ihren Standpunkt. Viele Diskussionspartner lassen sich dadurch verunsichern, versuchen immer wieder ihre Standpunkte und Argumente darzulegen und verheddern und verstricken sich nach einer Weile. Während Sie immer wieder selbstbewusst Ihren (immer gleichen) Standpunkt und Ihre (immer gleichen) Argumente vortragen, werden die Rechtfertigungen und gesuchten neuen Argumente des Gegenübers immer schwächer. Die Kombination aus Ich-Botschaft und „Sprung in der Platte“ verhilft Ihnen dazu, selbstbewusst und wirksam immer wieder Ihre Kernbotschaft vorzutragen – und somit nach und nach beim Publikum einzuprägen.
Schlagworte: Dialektik, Rhetorik, Überzeugungsvermögen