Persönlichkeitstests im Vergleich – Welcher Persönlichkeitstest für wen?
Wer im Internet nach „Persönlichkeitstests kostenlos“ googelt, findet mit etwas Pech ein Angebot von Scientology. Wer darauf klickt, hat seinen Test bereits absolviert – Ergebnis: Doofheit. Für alle anderen ist die Auswahl zum Thema Persönlichkeitstest und Persönlichkeitsmodelle aus dem Fundus der Psychologie riesig und zunächst schwer zu überblicken. Das Gute jedoch gleich vorweg – die meisten serösen Tests kommen zu durchaus vergleichbaren Ergebnissen. Man muss also nicht alle Tests machen, die es gibt – zwei, maximal drei reichen, um ein gutes Bild über sich zu bekommen.
Ein Mensch, der sein Selbstbild hinterfragen möchte (siehe Selbstbild / Fremdbild Abgleich), um auf etwaige Blinde Flecke zu stoßen, ist mit einem Persönlichkeitstest online sicherlich gut beraten. Dieser wird so manche Facetten beleuchten und sowohl Bekanntes als auch Neues zu Tage fördern. Eine wirkliche Persönlichkeitsanalyse sollte von solche einem gratis Persönlichkeitstest (z. B. auf https://test.plakos.de/) natürlich nicht erwartet werden – dazu wäre eine umfassende Potentialanalyse als Testverfahren nötig, die individuell von Psychologen ausgewertet wird und mehrere Hundert Euro kosten kann. So etwas wird in der Regel nur in der Personalauswahl für hochqualifizierte Stellen oder für die Personalentwicklung erstellt. Der Vorteil dieser aufwändigen Verfahren ist die geringere Vorhersehbarkeit – sie sind für den ‚Getesteten‘ nicht so einfach zu durchschauen – und somit nicht in eine bestimmte Richtung manipulierbar.
Wichtig: Man sollte die Ergebnisse solcher (Online-)Persönlichkeitstests bitte nicht als „Stempel“ missverstehen. Niemand ist das Ergebnis seines Persönlichkeitstests. Das Ergebnis gibt nur Aufschluss über eine gewisse Bandbreite an objektiven Eigenschaften, die subjektiv ohnehin meist schon bekannt sind. Diese Tests sind für einen Selbst also selten eine Überraschung – eher eine Bestätigung. Die Ergebnisse können als Stärken-Schwächen-Profil gesehen werden (siehe auch: Stärken / Schwächen Analyse der Persönlichkeit). Die Frage ist natürlich, was man damit macht. Diese Tests – und deren Ergebnisse – sind nur ein Werkzeug, das weder universell für alles einsetzbar ist, noch gut oder schlecht ist. Der Einsatz des Werkzeuges für den geeigneten Zweck ist harmlos – für den falschen gefährlich. Wie im wirklichen Leben.
Was ist eigentlich Persönlichkeit?
Es ist die Summe aller angeborenen und anerzogenen Eigenschaften eines Menschen. Die Vereinigung von Selbst- und Fremdbild. Alle inneren Prozesse wie seine Ängste, Gefühle, Bedürfnisse usw. sowie sein äußeres Verhalten. In der Psychologie gibt es Dutzende Definitionen und damit wird klar, weshalb immer wieder versucht wird, Ordnung in diesen Wulst an möglichen Ausprägungen zu bekommen. Persönlichkeitstests sind ein Versuch der Normierung von Charakteren. Charakter lässt sich niemals an einem Punkt festmachen, sondern ist immer als eine Bandbreite von … bis zu verstehen.
Ist der Mensch veränderbar?
Würden bei Tests nach einiger Zeit andere Ergebnisse herauskommen? – Ja, und das ist gut so. Denn der Mensch und seine Persönlichkeit sind niemals statisch sondern durch Umwelteinflüsse (andere Menschen, andere Orte, externe Ereignisse) sowie persönliche Erfahrungen im permanenten Veränderungsprozess. Die genetischen Dispositionen bleiben zwar unveränderlich, alle anerzogenen Charakteranteile sind jedoch sehr wohl flexibel. – Daran kann der Mensch auch selbst arbeiten, etwa in dem er seine Glaubenssätze und dadurch seien Selbstbild bearbeitet.
Persönlichkeitsmodelle und Persönlichkeitstests –
Wer hat´s erfunden?
Schon seit Jahrhunderten wird versucht, den Menschen in Typen, Temperamente oder Charaktere einzuteilen. Dies wurde etwa mit Körpersäften versucht und so entstanden der „Phlegmatiker, Choleriker, Sanguiniker oder Melancholiker“ – Diese Typologie geht auf den griechischen Arzt Hippokrates zurück (die 4-Säfte-Theorie: Blut, Galle [gelb oder schwarz] und Schleim). Die Begriffe sind noch heute bekannt und gebräuchlich und dieses Modell ist durchaus auch in moderne, wissenschaftliche Persönlichkeitstheorien eingeflossen. Vor allem die vierteilige Gliederung findet sich in mehreren gängigen Modellen wieder.
Persönlichkeitstests im Job?
Persönlichkeitstests in der Arbeitswelt sind umstritten. Und dennoch werden Sie in der Personalauswahl und -entwicklung eingesetzt. Der Wunsch nach schnellen, objektiven Kriterien überwiegt dann doch, denn unstrukturierte Interviews sind erwiesenermaßen ebenfalls untauglich für die Einschätzung von Bewerbern oder Förderkandidaten. Die Kritikpunkte sind:
- Die Testverfahren sind oft für den klinischen Bereich entwickelt. Die „gesunde“ Persönlichkeit damit abzubilden, war also meist gar nicht beabsichtigt und somit sind einige pathologische Begriffe in so manchem Test verwendet.
- Die Normierung (Eichung), Zuverlässigkeit (Reliabilität) und Gültigkeit (Validität) ist aufgrund zu weniger Probanden nicht aussagekräftig. Solche Tests müssten mit zehntausenden Profilen erstellt werden, um wirklich gehaltvoll zu werden. Doch dies ist aufwändig und teuer. Entsprechend selten sind wirklich belastbare Persönlichkeitstests kostenlos.
- Die Tests sind nicht wirklich objektiv sondern unterliegen ebenso häufig einer Interpretation wie Interviews.
Welche „Psychotests“ gibt es? –
Persönlichkeitstests im Vergleich
Die Auswahl an Testverfahren im Kontext diverser Persönlichkeitsmodelle ist enorm. Kostenlose Persönlichkeitstests sind zumeist psychometrische Persönlichkeitstests, da diese aufgrund von Fragebögen systematisch (auch von Maschinen) ausgewertet werden können. Projektive Tests, bei denen Material produziert wird – etwa Zeichnungen oder Schriften – hingegen werden aufwändiger von Menschen ausgewertet und interpretiert.
Zunächst die psychometrischen Persönlichkeitsmodelle:
Big Five
Dieser Test erhebt, wie stark oder schwach die fünf Bereiche:
- Offenheit für Erfahrungen, bzw. Aufgeschlossenheit (von konservativ, vorsichtig bis erfinderisch, neugierig)
- Gewissenhaftigkeit (von unbekümmert, nachlässig bis effektiv, organisiert),
- Extraversion – Geselligkeit (von zurückhaltend, reserviert bis gesellig),
- Verträglichkeit bzw. Rücksichtnahme, Kooperationsbereitschaft, Empathie (von wettbewerbsorientiert, antagonistisch bis hin zu kooperativ, freundlich, mitfühlend)
- Neurotizismus (seelische) Verletzlichkeit (von selbstsicher, ruhig bis hin zu emotional, verletzlich)
bei jemanden ausgeprägt sind. Dieser Persönlichkeits-/Psychotest ist sehr weit verbreitet (siehe auch unsere Seminarseite zum Thema persönliche Entwicklung) und in Deutschland ein gerne gewähltes Verfahren zur Personalauswahl.
Positiv gesehen wird an diesen Modell die Flexibilität im Ergebnis – es ist keine statische Erhebung sondern eine Tendenz.
MBTI
Der „Myers Briggs Typenindikator“ geht auf den Psychoanalytiker C. G. Jung (lange Weggefährte S. Freuds) zurück. Der Test wird vor allem im amerikanischen Unternehmen angewandt, bei uns eher selten und keinesfalls zur Personalauswahl. Die Erhebung erfolgt mittels Fragebogen und anschließender Interpretation. Der MBTI prüft Indikatoren und damit verbundene Präferenzen in den folgenden Bereichen:
introvertierte Sensorik (Si)
extravertierte Sensorik (Se)
introvertierte Intuition (Ni)
extravertierte Intuition (Ne)
introvertiertes Fühlen (Fi)
extravertiertes Fühlen (Fe)
introvertiertes Denken (Ti)
extravertiertes Denken (Te)
Aus der Kombination dieser Anteile lassen sich 16 MBTI Typen ableiten. Hierin liegt allerdings auch die Kritik am MBTI – diese Einteilung scheint auf den ersten Blick sehr differenziert, tatsächlich aber sind es Schubladen. Auch die Testierung ist umstritten und in mehreren Studien als nicht praxistauglich gewertet. Für den privaten Bereich ist der Meyer Briggs-Test schwer greifbar – was bringt es zu wissen, dass Sie ein INFP-Typ sind, ihr Partner aber ein ISTJ? – Es setzt also eine tiefgehende Beschäftigung voraus.
DISG
Das DISG ist weltweit verbreitet und wird häufig im Personalwesen und Schulungen angewandt. Das DISG (oder DISC)Modell unterscheidet die vier Quadranten:
Jeder Mensch hat Ausprägungen in jedem dieser Quadranten – allerdings individuell unterschiedlich hohe Anteile. So kann etwa jemand viele Anteile im dominanten Bereich, einige im initiativen und gewissenhaften, aber nur wenige im stetigen. So wird dieser Mensch eher als dominant wahrgenommen werden, durchaus aber auch stetige Seiten zeigen und empfinden können. Auch das DISG hat (wie alle Modelle) seine Kritiker: Hier vor allem steht die Popularität im Widerspruch zum praktischen Nutzen.
GPOP
Der Golden Profiler of Personality – kurz: „GPOP“ Test beruft sich ebenfalls auf C. G. Jung und seine Typen. Er ist relativ neu, noch ziemlich unbekannt und wissenschaftlich noch sehr umstritten.
Er umfasst 5 Dimensionen:
- Extraversion / Introversion
- Sinneswahrnehmung / Intuition
- analytisches / wertorientiertes Entscheiden
- Strukturorientierung / Wahrnehmungsorientierung
aus denen (bei beim MBTI) 16 Typen abgeleitet werden. Dieser Test erfolgt ausnahmslos elektronisch – sowohl Eingabe aus auch Auswertung werden am PC gemacht. Somit ist auch keine manuelle Nachprüfung möglich. Der GPOP sollte eine moderne Weiterentwicklung zum MBTI werden, den Beweis dafür bleibt er noch schuldig.
NEO-FFI
Das NEO-FFI: NEO-Fünf-Faktoren-Inventar ist ein multidimensionales Modell und wird primär für den Einsatz im Jugend-, Schul-, Studien- und Berufsfindungsbereich empfohlen. Es basiert auf dem „Big Five“ Model und bedient sich derselben fünf Indikatoren:
- Neurotizismus (N),
- Extraversion (E)
- Offenheit (O) für Erfahrungen
- Gewissenhaftigkeit und
- Verträglichkeit
Aus den ersten drei wurde das „NEO“ abgeleitet. Je nach Umfang werden 60 oder sogar 240 Items abgebildet.
BIP – Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung
Dieses ist, wie der Name schon sagt, explizit auf berufliche Belange ausgelegt und hinterfragt hauptsächlich die Arbeitseignung eines Menschen. Er ist relativ neu und (bisher) noch wenig gebräuchlich.
Diese vier Kategorien werden beleuchtet:
- Berufliche Orientierung
- Arbeitsverhalten
- Soziale Kompetenz
- Psychische Konstitution
Das Ergebnis wird beim Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung in 14 Skalen mit 210 Items abgebildet.
Gießen-Test
Dieses in den 60er Jahren entwickelte und seit 2012 als GT II (Gießen-Test 2) weiterentwickelte Verfahren erhebt 40 Fragen und bildet das Ergebnis in 6 Skalen ab:
- Soziale Resonanz
- Dominanz
- Kontrolle
- Grundstimmung
- Durchlässigkeit
- Soziale Potenz
Der Gießen-Test gilt als etabliert, wird breit eingesetzt und ist als zuverlässig anerkannt. Er ermöglicht individuelle Vergleiche zwischen Selbst- und Fremdbild.
LIFO
Die LIFO-Methode wird vor allem bei großen Firmen zur Identifikation von Verhaltensstilen der Mitarbeiter verwendet. Das Ergebnis des Tests wird in vier Quadranten abgebildet:
- Unterstützend / Hergebend (U/H) – zielt auf Leistung und Werte
- Bestimmend / Übernehmend (B/Ü) zielt auf Aktivität und Ergebnisse
- Bewahrend / Festhaltend (B/F) zielt auf Vernunft und Ordnung
- Anpassend / Harmonisierend (A/H) zielt auf Kooperation und Harmonie.
Diese vier Stile sind je nach Ausprägung zu interpretieren und vor allem in Stresssituationen eines Menschen erkennbar.
Struktogramm (Biostrukturanalyse)
Dieses Verfahren fällt etwas aus der Reihe der bisher erwähnten Persönlichkeitsmodelle, denn es ist kein psychologisches, sondern ein biologisches Verfahren. Es wird (mittels Fragebogen) die Hirndominanz ermittelt und daraus eine Präferenz im Verhalten abgeleitet:
- Der grüne Typ (Beziehung) bedient sich hauptsächlich dem ältesten Gehirnteil, dem Reptiliengehirn
- Der rote Typ (Macher) nutzt schwerpunktmäßig das Kleinhirn
- und der blaue Typ (Struktur) nutzt besonders das Großhirn
Dieser Test arbeitet sehr schnell, ist einfach zu erlernen, birgt dadurch aber auch eine Menge an Ungenauigkeiten.
Riemann-Thomann
Das Rieman-Thomann-Schema basiert auf den „Grundformen der Angst“ von Fritz Riemann. Aus den 4 Grundstrebungen (Polen): Nähe – Distanz und Wechsel – Dauer hat Christoph Thomann ein Modell abgeleitet, das den Charakter in 4 Quadranten abbildet. Kann gut mit dem DISC verglichen werden.
Die projektiven Verfahren in Abgrenzung zu psychometrischen Persönlichkeitstests
Rorschach-Test
Der Rorschachtest ( auch Tintenkleckstest, eigentlich: Rorschach-Formdeuteversuch) ist vom Schweizer Hermann Rorschach für eine seine eigene Persönlichkeitstheorie 1921 entwickelt worden und wurde später mit den Theorien der Freud’schen Schule verbunden. Auch Eugen Bleuler hat seinen Anteil an diesem Konzept. Es verfolgt das Ziel, die gesamte Persönlichkeit des Probanden zu erfassen. Die Deutung von 10 Klecksographien (Faltbilder) gibt den Psychologen Aufschluss auf den seelischen Zustand des Menschen. Dabei wird auch Reaktionszeit und Betrachtungsweise (z. B. Drehen der Tafel) berücksichtigt. Den Test gibt es mittlerweile auch online (http://de.rorschach-inkblot-test.com/)
Weitere projektive Verfahren sind neben dem Rorschach-Test der „Wartegg-Zeichentest“, bei dem eine Zeichnung fortgesetzt werden soll, deren Ergebnis interpretiert wird. Beim „Baumtest“ stellt der Proband sich selbst als Baum dar – dies wird anhand bestimmter Kriterien analysiert. Eine solche Typisierung ist vor allem bei Kindern geeignet.
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