Sich selbst hingegen hemmungslos positiv zu beschreiben, ist etwas, das aufgrund von kulturellen Bescheidenheitsnormen als unangemessen gilt [siehe Bescheidenheit] und daher manchen Menschen schwerfällt. Als Berufseinsteiger wie in Phasen beruflicher Weiterentwicklung ist man aber in aller Regel darauf angewiesen, sich im wahrsten Sinne des Wortes zu be-werben.
Eine hierfür extrem hilfreiche Networking-Übung stellt der Elevator Pitch (De Janasz und Forret 2008; Haas 2014) dar. Im Berufsleben kommt es immer wieder vor, dass man sich von einer Sekunde auf die nächste in einer Situation befindet, die für das eigene berufliche Fortkommen entscheidend sein kann. In solchen Situationen trifft man z. B. unvermittelt auf Personen, die über Einfluss, Kontakte oder Informationen verfügen, die für einen selbst von hoher Wichtigkeit sein könnten. Es ist daher empfehlenswert, auf solche oft unvorhersehbaren Ereignisse vorbereitet zu sein. Die folgende Übung kann Ihnen dabei helfen, indem Sie an Ihrer Selbstdarstellung gegenüber anderen arbeiten. Sie besteht darin, in 30 Sekunden das Wichtigste über sich so zu formulieren, dass man in einem Erstkontakt (z. B. Fahrstuhlfahrt) Interesse weckt.
Da die Formulierung einer positiven Beschreibung der eigenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erfahrungsgemäß von vielen Menschen als schwierig empfunden wird, bieten wir hierzu eine kleine Vorbereitung an. Die Idee basiert darauf, dass zwar Eigenlob stinkt, eine positive „Fremdbeschreibung“ aber nicht. Erneut machen wir uns also einen Perspektivwechsel zunutze, um neue Beschreibungen zu ermöglichen, hier eine positive Selbstbeschreibung. Wenn Sie dies für sich nutzen möchten, lesen Sie sich den folgenden Text in Box 4.4 nun in Ruhe durch.
Anwendung: Wie würden mich andere be-werben?
Denken Sie an einen Menschen, von dem Sie wissen, dass er an Sie glaubt, Sie schätzt. Das kann ein guter Freund sein, eine gute Freundin, Ihr Chef oder Ihre Chefin, ein Elternteil, (ehemalige) Kommilitonen, Ihre Partnerin oder Ihr Partner, jemand, mit dem Sie zusammenarbeiten, vielleicht auch ein früherer Lehrer oder eine Dozentin.
Diese Person sieht Sie so, wie Sie im Sinne eines erfolgreichen Berufseinstiegs bzw. Ihres nächsten beruflichen Entwicklungsschrittes gern gesehen werden wollen. Diese Person sieht all Ihre Stärken, weiß um Ihre Begeisterung für bestimmte Themen, Ihre Fähigkeiten und Ihre Erfahrungen. Diese Person ist fest davon überzeugt, dass Sie schaffen werden, was Sie sich wünschen. Stellen Sie sich vor, diese Person wäre jetzt hier im Raum. Vielleicht steht sie hinter Ihnen, vielleicht können Sie sogar ihre Wärme spüren, oder spüren, wie sie Sie leicht berührt.
Angenommen, wir würden diese Person bitten, Sie zu beschreiben, mit all Ihren Stärken, Ihrer Begeisterung, Ihren Fähigkeiten, Eigenschaften und Erfahrungen. Was würde sie uns wohl über Sie sagen? Was wäre der Person noch wichtig, dass wir es über Sie wissen? Und was noch? (Box 4.4 Vorbereitung auf den Elevator Pitch)
Machen Sie sich ruhig dazu einige Notizen. Dann stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie haben die Chance, sich selbst einer für Ihre beruflichen Ziele wichtigen Person im Lift zwischen Erdgeschoss und 18. Stockwerk vorzustellen.
Das dauert etwa 30 Sekunden. Sie beide sind allein, die Person kann ihnen nicht ausweichen und hat gerade ohnehin nichts Besseres zu tun, als Ihnen zuzuhören. Sie erkennen Ihr Gegenüber beispielsweise beim Betreten des Fahrstuhls als Leiter/in eines für Sie interessanten Projekts/Unternehmens/weiterführenden Studiengangs/…, Sie wissen, dass er oder sie Ihnen eine attraktive Chance vermitteln könnte. Wie gesagt, Sie beide sind allein und er oder sie muss Ihnen zuhören (s. Box 4.5):
Anwendung: Elevator Pitch
Schreiben Sie die Kernpunkte Ihrer Selbstdarstellung kurz auf. Die Beschreibung sollte folgende Punkte enthalten:
- Wie nehmen Sie Kontakt auf (1-2 Sätze als Einstieg)?
- Was brauchen oder suchen Sie? Wobei kann man Ihnen behilflich sein? Wie drückt man das am besten aus? Testen Sie unterschiedliche Formulierungen und deren Wirkung.
- Was haben Sie zu bieten – jenseits der Punkte, die dank entsprechender Ratgeber in allen Bewerbungsunterlagen zu finden und damit langweilig sind?
- Welche zwei oder drei wesentlichen Fähigkeiten und Kompetenzen zeichnen Sie aus? Geben Sie dazu konkrete und anschauliche Beispiele, die Ihre Erfahrung belegen.
Notieren Sie Ihre Selbstbeschreibung stichwortartig oder – besser noch – einmal ausformuliert. (Box 4.5 Elevator Pitch)
In unseren Workshops bitten wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nun, sich jeweils zu zweit zusammen zu finden und ihre Selbstbeschreibungen zu proben. Einer misst die Zeit, während der oder die andere sich anhand der erarbeiteten Selbstbeschreibung vorstellt und dabei möglichst in normaler Geschwindigkeit spricht und sich auch nonverbal so verhält, wie man sich in einer berufsrelevanten Situation verhalten würde. Anschließend gibt das Gegenüber ein Feedback, das sich auf Gelungenes wie auf eventuelle Optimierungspotenziale im Inhalt der Selbstdarstellung, aber auch auf Aspekte wie Stimmlage, Intonation, Körperhaltung oder Mimik beziehen kann. Anschließend kann die Selbstbeschreibung überarbeitet und erneut im Rollenspiel erprobt werden. Danach werden die Rollen gewechselt. Auch hier gilt: Wenn Sie sich ernsthaft mit dem Thema Berufseinstieg, -aufstieg oder Umorientierung befassen, nutzen Sie mögliche Gelegenheiten, solche Situationen zu Üben und von der Rückmeldung anderer zu profitieren.
Angenommen, Ihr Elevator Pitch war erfolgreich – Sie verlassen den Lift mit einer Visitenkarte und der freundlichen Einladung, Ihren Gesprächspartner in der Angelegenheit zu kontaktieren. Wie viel Zeit lassen Sie verstreichen, sodass Sie nicht aufdringlich oder verzweifelt wirken, aber dennoch noch gut im Gedächtnis sind? Welcher Kommunikationskanal erscheint Ihnen geeignet, welcher eventuell weniger? Wie gestalten Sie die Kontaktaufnahme freundlich und zugleich verbindlich? Die Antwort auf diese Art von Fragen lautet…
Quellenangabe: Mierke, Katja; Gansen-Ammann, Dominic-Nicolas (2017): Networking-Kompetenz im Job. Psychologisches Kommunikationswissen für Berufseinstieg und Karriere (essentials). Seite 30-33
Link zur Quelle: https://link.springer.com/book...
Kommentar zum Zitat:
Wer im Elevator Pitch überzeugen will, muss kurz und prägnant kommunizieren. Schlüssel dazu ist, seine eigene USP zu kennen, bzw. falls nicht, diese bzw. deren Formulierung zu erarbeiten. Hilfreich sind Methoden rund um die individuelle SWOT Analyse. Auch das Wissen um Persönlichkeitsmodelle und Persönlichkeitstests kann hier hilfreich sein.Um Selbstbewusstsein ausstrahlen zu können, benötigt es eine gesunde Portion Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Werfen Sie bei Interesse auch einen Blick auf unseren Artikel Selbstwertgefühl aufbauen.
Gerade bei einem so kurzen Kontakt wie in einer Elevator Pitch Situation kommt es besonders stark auf wahrnehmungspsychologische Effekte an: den ersten Eindruck, das Überstrahlen bestimmter Eindrücke über alles andere, erster Eindruck vs. letzter Eindruck, die Rolle von Vorurteilen und Stereotypen etc. - siehe dazu unter anderem unsere Beiträge zum Thema Verzerrungen der Wahrnehmungen, Halo-Effekt, Pars pro toto Rosenthal-Effekt Erklärung bis hin zum Stichwort Johari.
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